Gespräch mit Personalberater Theo Klein anlässlich des 30-jährigen Firmenjubiläums
Theo Klein ist der Gründer der Theo Klein + Partner Unternehmensberatung GbR (kurz TKP) mit Sitz in Großwallstadt. Das Unternehmen wird in diesem Jahr 30 Jahre alt und ist als Personalberatung auf die Besetzung von Einkaufs- und Vertriebspositionen spezialisiert. Im Interview fragen wir nach seinen unternehmerischen Anfängen, Trends im Recruiting-Markt und welche Herausforderungen der Mittelstand bei der Besetzung von TOP-Positionen meis–
tern muss.
Herr Klein, 30 Jahre sind eine lange Zeit. Blicken wir zunächst zurück auf die Anfänge: Was war der Auslöser für die Gründung des Unternehmens? Mit welcher Motivation sind Sie gestartet?
Meine beruflichen Anfänge liegen im Vertrieb von informationstechnischen Produkten. Das hat mir an und für sich Spaß gemacht und war auch erfolgreich. Mehr und mehr merkte ich aber, dass ich mich nicht für die technischen Details der Produkte begeistern konnte. Ich suchte etwas, was ich ohne technische Supporter verkaufen konnte. Der Wechsel in die Personalberatung kam dann meiner Stärke, dass ich gut mit Menschen kann, entgegen.
Wie sahen die ersten Schritte im Bereich Personalberatung dann für Sie aus?
Ein Ex-Kollege, der den Sprung in die Personalberatung bewerkstelligte, sprach mich an und verschaffte mir einen Kontakt zu einer führenden Personalberatung. Schnell waren wir uns einig, dass ich mich als freier selbstständiger Berater diesem Netzwerk anschließen kann. Dort konnte ich die bewährten Prozesse dieses Beratungshauses kennenlernen und adaptieren. Wie die meisten Jungunternehmer hatte ich erst mal eine Durststrecke, bis ich die ersten Honorare einstreichen durfte. Fixe Kosten, statt fixes Gehalt! Dennoch spürte ich von Anfang an, dass es genau das ist, was ich machen möchte.
Nichts ist so beständig wie der Wandel, hat Heraklit einmal gesagt. Was hat sich in den 30 Jahren am Verhalten der KandidatInnen verändert?
In meinen Anfangsjahren, den 90ern, hatten die BewerberInnen den aktiveren Part zu leisten, wenn sie an einer Veränderung interessiert waren. Samstags erschienen die berühmten „Telefonhörer-Stellenanzeigen“ in der FAZ und anderen überregionalen Zeitungen und wir saßen am Wochenende am Telefon um mit den „Erfolgreichen in sicherer Position“, wie wir die Anrufer nannten, die Offerten zu besprechen. Heute gehen wir aktiv auf die Kandidatinnen und Kandidaten zu, d.h. der Erstkontakt geht meist vom Berater aus.
Inwieweit haben sich die Ansprüche der Klienten verändert?
Der Qualitätsanspruch an die KandidatInnen und den Bewerbungsprozess ist geblieben. Wer eine Personalberatung einschaltet, erwartet die bestmöglichen derzeit verfügbaren KandidatInnen. Die Suchmandate sind aber auch herausfordernder geworden, da der Fachkräftemangel weiter gestiegen ist und die Umzugsbereitschaft – selbst bei lukrativen Führungsaufgaben – immer weniger gegeben ist.
„Ohne Direktansprache geht heute gar nichts mehr“
Was hat sich noch geändert?
Mit Anbruch des Internetzeitalters und der Nutzung von immer mehr Sozialen Medien hat sich in der Ansprache vieles gewandelt. Waren damals noch mehrere hundert Stellenanzeigen in jeder FAZ-Ausgabe, sind heute Jobbörsen und vor allem die Sozialen Medien der „Umschlagplatz“ für Top-KandidatInnen. Übers Internet geht natürlich auch alles sehr viel schneller und es wird, im Gegensatz zu früher, eine Menge Papier und Porto eingespart. Wenn ich zurückdenke, dann waren in den 90ern Sachkosten von 300 oder 400 DM pro Auftrag keine Seltenheit.
Wo drückt den Unternehmen aktuell am meisten der Schuh?
Die Unternehmen sehen sich in vielen Fachbereichen einem enormen Fachkräftemangel gegenüber. Es ist schlicht so, dass sich die „Guten/Erfolgreichen“ nur noch ganz selten direkt auf Anzeigen der Unternehmen bewerben. Ohne Direktansprache geht heute nichts mehr.
Womit kann TKP bei den Klienten punkten?
Hier hilft uns unsere Spezialisierung in vielerlei Hinsicht: Zum einen fühlen sich bei uns die angesprochenen KandidatInnen sehr gut aufgehoben, da wir thematisch mitreden können, deren Wording kennen und dadurch Vertrauen aufbauen. Somit sind die Qualität und Passgenauigkeit der von uns
vorgeschlagenen KandidatInnen immer sehr hoch. Auf der anderen Seite können wir über unser Netzwerkdem Klienten innerhalb 1-2 Wochen bereits oft mehrere geeignete KandidatInnen vorschlagen, weil wir sie schon kennen. Das ist unser großes Plus gegenüber den allgemeinen Personalberatungen.
Kooperationen gelten als wichtiger Erfolgsfaktor, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Wie sind Sie hier aufgestellt?
Wir arbeiten unter anderem mit einem führenden, europäischen Einkaufsberatungsunternehmen zusammen. Wir nutzen also das Netzwerk eines „Großen“ im Fachgebiet Einkauf und erhöhen damit die Geschwindigkeit und Qualität bei der Besetzung. Auch in anderen Bereichen arbeiten wir mit
renommierten Beratungshäusern, z.B. mit Vertriebs-Coaches zusammen – ein Austausch, der für alle Seiten von Nutzen ist. (Fach-)Kompetenz ist unseren Kunden sehr wichtig.
„Fachkompetenz ist unseren Klienten wichtig“
Was ist essentiell für Ihren Erfolg bei der Kandidatengewinnung?
Kurz geantwortet: Empathie und individuelle kompetente Ansprache. Die KandidatInnen werden immer anspruchsvoller, aber auch vorsichtiger. Von Massenmailings einiger Personalberater sind sie durchaus genervt, Interessenten wollen individuell und persönlich angesprochen werden. Sie möchten, dass man sich für sie Zeit nimmt, verlässlich und verbindlich kommuniziert und vor allem: Sie wollen nichts aufgeschwatzt bekommen. Sprich: Es ist wichtig, dass man ihnen zuhört, ihre beruflichen Wünsche und Ziele erfragt. Und erst, wenn man das Gefühl hat, dass die Person auch wirklich zur Ausschreibung passt, sollte man das Angebot ins Spiel bringen.
„InteressentInnen möchten individuell und persönlich angesprochen werden“
Zu Ihren Klienten in den letzten Jahren zählen große Namen wie Viessmann, Kuka oder Lidl, aber auch viele Hidden Champions aus dem deutschen Mittelstand. Wie unterscheiden sich deren Anforderungen an Ihre Beratungsleistung?
Wenn klassische Mittelständler ihre TOP-Positionen besetzen wollen, können sie nicht mit einem solch großen und bekannten Namen auftrumpfen wie Konzerne, die per se eine Sogwirkung auf BewerberInnen haben. Das bedeutet für uns, dass wir uns über den Kunden noch genauer informieren müssen. Was macht ihn als Arbeitgeber unverwechselbar und attraktiv? Mit welchen Mitarbeiter-Benefits kann das Unternehmen überzeugen, wie ist die Unternehmens- und Kommunikationskultur? Und in welchem Umfeld bewegt sich das Unternehmen? Wir weisen hin auf Gestaltungsmöglichkeiten und Vorteile durch flache Hierarchien. Diese Informationen bereiten wir auf, um möglichen KandidatInnen das Unternehmen detailliert vorzustellen und Interesse zu wecken.
Was kann der Mittelstand tun, um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen?
Schneller werden! Wertschätzung gegenüber den Bewerbern durch zeitnahe ehrliche Rückmeldungen in Zusammenarbeit mit uns Beratern. Weiterhin professionelles Employer Branding und Onboarding. Und, das „Umschaltspiel“ beherrschen. Was meine ich damit? Nach einem guten Erstgespräch, parallel zum weiteren Personen-/Faktencheck, umschalten auf eine „Gewinnungsstrategie“, dem Kandidaten das Gefühl geben „die wollen mich haben“. Den Unternehmen muss bewusst sein, dass sie sich in einem Kandidaten-Markt befinden und die BewerberInnen entsprechend wählerisch sein können. Wer hier zu träge agiert, schaut den guten KandidatInnen hinterher.
Wo entwickelt sich der Recruiting-Markt hin? Gibt es eindeutige Trends?
Größere Unternehmen bauen eigene Recruiting Teams auf, weil es die Personalabteilung meist nicht schafft, die Vielzahl an offenen Stellen zu besetzen. Sicher eine Alternative, aber der latent Wechselwillige will fachspezifisch, professionell und neutral angesprochen werden. Nicht selten, dass sich diese Recruiting Verantwortlichen aus den oben genannten Gründen an uns wenden. Generell kann man sagen, dass alles viel digitaler werden wird. Neue Technologien wie neuronale Netze und Künstliche Intelligenz werden im Aufspüren von passenden KandidatInnen Erleichterungen bringen. Man spricht sogar von Maschinen, die die Erstansprache übernehmen sollen. Wir sind Entwicklungen aufgeschlossen, werden aber sicher nicht alles mitmachen. Menschen werden immer noch von Menschen gewonnen.
„Menschen werden von Menschen gewonnen“
Sie werden in diesem Jahr 70. Sie wirken drahtig und agil und sicher nicht wie „Altes Eisen“. Wie stellen Sie sich die Unternehmensnachfolge vor?
Noch denke ich nicht ans Aufhören. Dafür macht es einfach noch viel zu viel Spaß. Aber ich bin natürlich Realist. Daher hat sich vor gut drei Jahren mein Sohn Marcel als selbstständiger Partner dem Unternehmen angeschlossen. Er kann mit seinem Background aus Industrie, Sport und Handel die Unternehmensidee weiterführen. Marcel hat das Vertriebsgen, baut sich sein eigenes Netzwerk auf und kann natürlich auf meine langjährigen Kontakte zählen.
„2021 war das erfolgreichste Jahr seit der Firmengründung“
Schauen wir zum Schluss nochmal zurück: Welche Entscheidungen oder Begegnungen waren erfolgsentscheidend für TKP?
Trotz Corona war 2021 das erfolgreichste Jahr seit Firmengründung. Das zeigt, dass die Spezialisierung der richtige Weg für uns ist. Dankbar bin ich, dass ich auf meinem Weg zum rechten Zeitpunkt immer Menschen getroffen habe, die mir mit ihren Empfehlungen und Kontakten neue Perspektiven aufgezeigt haben. Rückblickend gesehen war die Entscheidung, Anfang der 90er Jahre als Partner einer führenden Personalberatung einzusteigen, bei der ich enorm viel lernen konnte, Gold wert. Und die Kooperation mit einer der führenden Einkaufsberatungen ermöglichte uns vor rund 10 Jahren den wichtigen Schritt hin zur Spezialisierung.
Eine letzte Frage: Was ist Ihnen in den 30 Jahren mal als Berater passiert, das Ihnen ziemlich peinlich war – im Sinne von Pleiten, Pech und Pannen?
(lacht) Sie meinen so ein Slapstick? Ich erinnere mich da an eine etwas heikle Situation bei einem Personalsuchauftrag in der Schweiz. Bei der Begrüßung des Personalchefs der Schweizer Großbank klappte mir plötzlich der Aktenkoffer auf und sämtliche Kopien der Bewerbermappen sind rausgefallen und durcheinandergeraten. Das war mir schon sehr unangenehm.